Hygiene

Seit dem 1. Januar 2006 kommt in Europa ein für alle EU-Mitgliedstaaten neues, verbindliches und unmittelbar geltendes Hygienerecht zur Anwendung. Für die Gastronomie ist hier vor allem die Lebensmittelhygieneverordnung (EG) Nr. 852/2004 relevant, die durch die deutsche „Verordnung über Anforderungen an die Hygiene beim Herstellen, Behandeln und Inverkehrbringen von Lebensmitteln (Lebensmittelhygieneverordnung – LMHV)“ vom 08. August 2007 ergänzt wird. Aber auch zahlreiche weitere Gesetze und Verordnungen sind für den Gastronomen beachten.

Die Erfahrung als Anwalt für Gastronomen zeigt, nichts gefährdet die betriebliche Existenz mehr als die (entdeckte) Missachtung von Betriebs- und/oder Personalhygienevorschriften. Aus diesem Anlass haben wir hier die wichtigsten für Sie skizziert:

1. Infektionsschutzgesetz
Nach dem Infektionsschutzgesetz ist eine mündliche und schriftliche Belehrung über Tätigkeits- und Beschäftigungsverbote mit Lebensmitteln notwendig. Belehrt werden müssen sowohl der Unternehmer als auch die Angestellten, die mit folgenden Lebensmitteln direkt (mit der Hand) oder indirekt über Bedarfsgegenstände (z. B. Geschirr, Besteck und andere Arbeitsmaterialien) in Kontakt kommen:

  • – Fleisch, Geflügelfleisch und Erzeugnisse daraus
  • – Milch und Erzeugnisse auf Milchbasis
  • – Fische, Krebse oder Weichtiere und Erzeugnisse daraus
  • – Eiprodukte
  • – Säuglings- und Kleinkindernahrung
  • – Speiseeis und Speiseeishalberzeugnisse
  • – Backwaren mit nicht durchbackener oder durcherhitzter Füllung oder Auflage
  • – Feinkost-, Rohkost- und Kartoffelsalate, Marinaden, Majonäsen, andere emulgierte Soßen, Nahrungshefen

Die Erstbelehrung ist durch das Gesundheitsamt oder einen vom Gesundheitsamt beauftragten Arzt mündlich und schriftlich durchzuführen. Die Bescheinigung des Gesundheitsamtes über die Erstbelehrung darf bei Tätigkeitsbeginn nicht älter als drei Monate sein. Außerdem ist der Unternehmer zukünftig dazu verpflichtet, betreffende Mitarbeiter nach Aufnahme ihrer Tätigkeit und dann jährlich über die Tätigkeitsverbote und Verpflichtungen zu belehren und hat dies zu dokumentieren. Diese Belehrung ersetzt nicht die regelmäßige Belehrung nach der Lebensmittelhygieneverordnung. Eine solche Belehrung benötigt nicht, wer über ein gültiges Lebensmittelzeugnis nach §§ 17 und 18 Bundesseuchengesetz verfügt.

2. Lebensmittelhygieneverordnung und HACCP
Der Gesetzgeber verlangt von allen Lebensmittelbetrieben, die Maßnahmen zur Umsetzung der Lebensmittelhygieneverordnung zu dokumentieren. Art und Umfang der Dokumentation ist den Unternehmen nicht vorgegeben. Hierüber ist selbst zu entscheiden und insbesondere die Frage zu stellen, ob und wie das Unternehmen zur eigenen Sicherheit und zur Transparenz nach Außen das Getane nachvollziehbar machen möchte.

Als Bestandteil des betriebseigenen Kontrollkonzeptes wird durch die Lebensmittelhygieneverordnung auch die Durchführung von Mitarbeiterschulungen erstmals zwingend vorgeschrieben. Der Inhaber des Betriebes hat zu gewährleisten, dass Personen, die mit Lebensmitteln umgehen, entsprechend ihrer Tätigkeit und unter Berücksichtigung ihrer Ausbildung in Fragen der Lebensmittelhygiene unterrichtet oder geschult werden. Über welchen Inhalt die Schulung verfügen muss, wer sie durchführt und wie sie zu erfolgen hat, wird in das Ermessen des Betriebsinhabers gestellt. Selbstverständlich müssen jedoch auch die allgemeinen Hygieneanforderungen des § 3 sowie die besonderen Hygienebedingungen des jeweiligen Arbeitsplatzes Bestandteil einer solchen Schulung sein.

3. Kennzeichnungsvorschriften für Lebensmittel
Bestimmte Behandlungsarten und Zusatzstoffe in Lebensmitteln müssen auf den Getränke- und Speisekarten entweder bei der jeweiligen Speise bzw. dem jeweiligen Getränk oder aber als Fußnote angegeben werden, wenn mit einem Zeichen bzw. einer Kennziffer deutlich auf diese Fußnote hingewiesen wird.

Folgende Zusatzstoffe/Behandlungen sind zu kennzeichnen:

  • – Konservierungsstoffe (z. B. Sorbinsäure, Benzoesäure, PHB-Ester, Ameisensäure)
  • – Farbstoffe einschließlich Zuckerkulör
  • – Süßstoffe (Saccharin, Cyclamat, Aspartam mit Phenylanalin, Acesulfam)
  • – Phosphat
  • – Milcheiweiß
  • – Antioxidationsmittel
  • – Geschmacksverstärker
  • – Jodiertes Speisesalz
  • – geschwefelt
  • – gewachst (bei gewachsten Zitrusfrüchten, Melonen, Äpfeln und Birnen)
  • – chininhaltig
  • – coffeinhaltig

Möglicher Wortlaut: „mit Konservierungsstoff Sorbinsäure“, „mit Süßstoff Saccharin“, „mit Farbstoff“, „geschwefelt“ etc.

Für diätetische Lebensmittel gelten besondere Kennzeichnungsvorschriften, die in der Diätverordnung und in der Verordnung über vitaminisierte Lebensmittel festgelegt sind (Informationen bei Ihrem Anwalt für Gastronomen).

4. Überprüfung durch Veterinäramt, Gesundheitsamt, Gewerbeaufsichtsamt
Gaststätten werden regelmäßig durch die für die Lebensmittelüberwachung zuständigen Behörden (Veterinärämter, Ordnungsämter) dahingehend überprüft, ob sie die Vorschriften des Lebensmittelrechts einhalten (u.a. die Lebensmittelhygieneverordnung).

Die Mitarbeiter der Überwachungsbehörde dürfen (in begründeten Verdachtsfällen auch in Zusammenarbeit mit der Polizei) die Geschäftsräume besichtigen, Einsicht nehmen in die Geschäftspapiere und -bücher und (gegen Empfangsbestätigung) Proben nach ihrer Auswahl zur Untersuchung entnehmen.

Die Überwachungsbehörden sind dazu verpflichtet, bei den Kontrollen einen Teil der Proben zurückzulassen; diese Proben sind amtlich zu verschließen oder zu versiegeln.

Die Gegenprobe soll dem betroffenen Unternehmen die Möglichkeit geben, die Proben von einem staatlich zugelassenen privaten Sachverständigen überprüfen zu lassen. Ihr Anwalt für Gastronomen kann Ihnen auf Anfrage zugelassene Lebensmittel-Sachverständige benennen.

Die Beamten des Gewerbeaufsichtsamtes überprüfen ebenfalls regelmäßig die Einhaltung der baulichen Auflagen.

5. Getränkeschankanlagen
Getränkeschankanlagen sind Anlagen, aus denen mit oder ohne Betriebsüberdruck Getränke an den Gast ausgeschenkt werden. Der Gastwirt hat die Anlage in betriebssicherem Zustand zu erhalten, hygienisch einwandfrei und ordnungsgemäß zu betreiben, zu überwachen und zu warten. Die Getränkeschankanlagenverordnung, die früher den Betrieb und die Reinigung von Schankanlagen geregelt hat, ist zum 30.06.2005 außer Kraft getreten.

Was sollte der Betreiber einer Getränkeschankanlage beachten, wenn es um die Hygiene seiner Getränkeschankanlage geht?
Die verbindliche Vorschrift des § 11 der Getränkeschankanlagenverordnung gibt es seit dem 30.06.2005 nicht mehr. Danach mussten Getränkeschankanlagen nach Bedarf, mindestens jedoch die Getränkeleitungen einschließlich der Zapfarmaturen alle zwei Wochen gereinigt werden. Es liegt nun in der alleinigen Verantwortung des Betreibers, in welchen Fristen er seine Schankanlage reinigt. Er hat sich dabei jedoch am Stand der Technik zu orientieren, wenn er seiner Verantwortung gerecht werden will, d. h. an den Orientierungswerten für Reinigungsintervalle in der DIN 6650-6. Dort ist festgelegt, dass die regelmäßige Reinigung der Getränkeschankanlage (u. a. Zapfkopf, Getränkeleitungen, Zapfarmatur) sich an folgenden Intervallen orientieren soll:

Orientierungswerte für Reinigungsintervalle nach DIN 6650-6

Getränk Reinigungsintervall
Fruchtsaft, Fruchtnektar, Fruchtsaftgetränke täglich
Stilles Wasser, alkoholfreies Bier 1 – 7 Tage
Bier (außer alkoholfreies Bier) alle 7 Tage
Wein, kohlensäurehaltiges, alkoholfreies Erfrischungsgetränk,
kohlensäurehaltiges Wasser
7-14 Tage
Getränkegrundstoff, Spirituosen 30 – 90 Tage

Die sicherheitstechnischen Anforderungen in der Getränkeschankanlagenverordnung sind ebenfalls außer Kraft gesetzt, sie sind fortan in der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) geregelt.